Der Unterhaltsanspruch aus nichtehelicher Lebensgemeinschaft § 1615 l BGB


 

Die Position der Mutter, die ein Kind mit dem Vater aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bekommt, hat sich bis heute wesentlich verbessert. Es erfolgte mit der letzten Reform 2008 eine Angleichung an die Position einer Mutter, die Vater des Kindes verheiratet ist oder auch war. In diesem Zusammenhang gewinnt § 1615 l BGB zunehmend an Bedeutung.

Er behandelt den Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt.

 

§ 1615 l  BGB in der jetzigen Fassung enthält 4 Unterhaltstatbestände. Drei von ihnen knüpfen dabei an die besondere Situation der Mutter an und können nur ihr zustehen. Es handelt sich um den  Zeitraum von 6 Wochen vor bis 8 Wochen nach der Entbindung abdeckenden Anspruch aus Abs. 1 S. 1, der die schwangerschafts- oder entbindungsbedingten Kosten betreffende Anspruch aus Abs. 1 S. 2 und schließlich der Anspruch aus Abs. 2 S. 1, der sich ergeben kann, wenn die Mutter infolge der Schwangerschaft oder infolge einer dadurch oder die Entbindung verursachten Krankheit nicht erwerbstätig sein kann.

Diese drei Tatbestände sollen sozusagen einen Ausgleich für die Belastungen bereitstellen, indem sie Kosten und Aufwendungen einschließlich des Unterhalts, soweit sie in einem engen Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt stehen, dem Erzeuger des Kindes zuweisen. Sie kommen in der Praxis jedoch selten zur Anwendung, weil in diesen Fällen meist Sozialleistungs-, Privatversicherungsansprüche oder Ansprüche gegen den Arbeitgeber bestehen, die die Bedürftigkeit der Mutter entfallen lassen. Von erheblicher Bedeutung für die Praxis ist dagegen der in Abs. 2 S. 2 geregelte vierte Unterhaltstatbestand.

Er knüpft an die Kindesbetreuung an und leitet den Anspruch daraus her, dass auch dem Kind nicht miteinander verheirateter Eltern so lange die persönliche Betreuung durch einen Elternteil zukommen muss, wie Bedarf daran besteht. Der Anspruch kann jedoch auch dem Vater zustehen.

Die Ansprüche setzen, wie für das Unterhaltsrecht üblich, Bedürftigkeit des Berechtigten und Leistungsfähigkeit des Verpflichteten voraus.

Die Tatbestände für laufenden Unterhalt bestehen aus: Unterhalt während der Mutterschutzfrist, Unterhalt wegen Krankheit, Unterhalt wegen Kindesbetreuung, Unterhalt wegen Kindesbetreuung durch den Vater.

 

Die Berechnung des Bedarfs

Der Bedarf des Elternteils, dem laufender Unterhalt, d. h. Unterhalt nach § 1615 l Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 BGB zusteht, richtet sich nach der Lebensstellung des Anspruchsberechtigten. Für der Unterhalt der Mutter sind also grundsätzlich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vaters nicht maßgebend, während das gemeinsame Kind wiederum seinen Bedarf vom Einkommen des Vaters ableitet. Maßgeblich für den Unterhalt der Mutter ist also, in welchen Verhältnissen sie bisher gelebt hat. Unterschiedlich Ergebnisse ergeben sich also je nachdem, ob sie eigenes Einkommen hatte, ob sie von dritter Seite unterhalten worden ist, z. B. von Eltern oder Ehemann, oder ob sie staatliche Hilfe in Anspruch genommen hat.

Behandlung von Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit und anderweitiger Einkommen

 

- War die Mutter von Geburt an erwerbstätig, ist ihre Lebensstellung durch dieses erzielte Einkommen geprägt. Dies kann aber nur zugrunde gelegt werden, wenn es nachhaltig erzielt und nicht nur vorübergehendes Einkommen war. (So z. B. Mangel an nachhaltig erzieltem Einkommen, wenn die Erwerbsbiografie der Mutter gekennzeichnet ist durch kurze Zeiten der Erwerbstätigkeit, Zeiten der Arbeitslosigkeit und Zeiten der Inanspruchnahme staatlicher Förderungsmaßnahmen).

 

- Lebte die Mutter bisher von Soziallhilfe oder Arbeitslosengeld II, ist von einer eigenen Lebensstellung auf dem Niveau der bezogenen Sozialleistungen auszugehen. Allerdings ist ein Betrag i Höhe des Mindestselbstbehalts für Nichterwerbstätige zuzubilligen. z. Zt. Etwa 800 €.

 

- Insbesondere Elterngeld: Elterngeld wird grundsätzlich einkommensabhängig gezahlt, so dass es Lohnersatzfunktion hat und deswegen als Einkommen des Bezugsberechtigten Elternteils zu berücksichtigen ist. Lediglich in Höhe von 300 € monatlich bleibt es nach § 11 S. 1 BEEG unberücksichtigt. (BGH, Urteil vom 10.11.2010 - XII ZR 37/09)

 

- Ist die Mutter Schülerin oder Studentin, leitet sie ihre Lebensstellung noch von ihren Eltern ab. Dieser den Eltern gegenüber bestehende Bedarf ist dann maßgeblich.

 

- Wenn die Mutter verheiratet ist, ergibt sich hier der Bedarf aus den ehelichen Lebensverhältnissen.  Entsprechendes gilt, wenn die Mutter geschieden ist und sich ihr Lebensstellung nach wie vor aus der Ehe ableitet. Eine Verzichtsvereinbarung mit dem Ehemann kann Auswirkungen auf den Bedarf haben.

 

- Streitig ist die Anknüpfung für den Bedarf im Fall des Zusammenlebens mit dem Vater des nichtehelichen Kindes. Nach bisheriger herrschender Meinung kann sich der Bedarf der Mutter ausnahmsweise dabei nach dessen wirtschaftlichen Verhältnissen richten. Dies soll jedoch nur gelten, wenn sie schon bisher und zwar nachhaltig von ihm unterhalten worden ist. Nicht dagegen, wenn sie selbst erwerbstätig war, ihre Lebensstellung also von ihrem eigenen Einkommen bestimmt wird, oder wenn sie von ihren Eltern oder durch öffentliche Förderung unterhaltene Schülerin/ Studentin ist, die ihre Lebensstellung noch von ihren Eltern ableitet. Der BGH lehnt jedoch diese Auffassung ab, er schließt sich nicht an die Anknüpfung an die Einkommensverhältnisse in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft an. Begründung ist, dass der Lebensstandard anders als in einer Ehe nicht gesichert ist, da die nicht eingegangene eheliche Bindung jederzeit wieder beendet werden könne.

 

Begrenzung des Bedarfs durch den Halbteilungsgrundsatz

 

Die Unterhaltsbemessung kann dazu führen, dass sich ein Bedarfsbetrag ergibt, der höher ist als der Betrag, der dem Vater verbleibt, wenn er den Bedarf befriedigt.

 

Beispiel: Die unterhaltsberechtigte Mutter hat bisher eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, bei der ihr netto und nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen 2.100 € verblieben. Das bereinigte Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Vaters beträgt nach Abzug des Kindesunterhalts 3.500 €.

 

Der an der Lebensstellung ausgerichtete Bedarf der Mutter beträgt hier 2.100 €. Hätte der Vater diesen Betrag zu zahlen, wäre zwar sein Selbstbehalt gewahrt, er ist also nicht in der Leistungsfähigkeit beschränkt. Doch verbliebe ihm mit 1.400 € weniger als die Hälfte seines für den Unterhalt der Mutter heranzuziehendes Einkommens und auch weniger, als die Mutter erhält. Er stünde also schlechter, als wenn beide Eltern verheiratet gewesen wären, denn in diesem Fall wäre der Bedarf der Frau an den ehelichen Lebensverhältnissen und damit, nach Wegfall ihres Einkommens, allein an seinem Einkommen auszurichten und betrüge unter Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 (3.500 € x 6/7 geteilt durch 2 =) 1.500 €.

Ein solches Ergebnis würde die Unterhaltsinteressen des Vaters erheblich verletzen. Er darf nicht mehr an die Mutter zahlen müssen, als ihm für die eigene Lebensführung verbleibt. Umgekehrt ist es der Mutter, die aufgrund ihrer Einkünfte in der Vergangenheit eine höhere Lebensstellung als der Vater erreicht hat, ebenso wie dem Vater zuzumuten, Abstriche vom erreichten Lebensstandard zu akzeptieren, ohne sogleich auf eigene Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein.

Daher eine Begrenzung in oben aufgeführtem Sinne durch eine entsprechende Heranziehung des beim Ehegattenunterhalt geltenden Halbteilungsgrundsatzes vorzunehmen. Ihr Bedarf ist auf die Hälfte des für ihren Unterhalt zur Verfügung stehenden Einkommens des Vaters zu begrenzen. Im Falle von Erwerbstätigeneinkommen nach Abzug des Erwerbstätigenbonus.

Setzt man den Erwerbstätigenbonus mit 1/7 an, so beträgt der Bedarf also (6/7 geteilt durch 2 = )3/7 des bereinigten Einkommens des Vaters. Im Beispielsfall ist also der korrigierte Bedarf der Mutter (abzüglich Erbwerbstätigenbonus) 1.500 €. Mittlerweile hat auch der BGH diese entsprechende Heranziehung des Halbteilungsgrundsatzes übernommen.